Bericht aus Umbonambi
 

Der folgende Bericht ist entstanden aus einem Gespräch mit Herrn Pastor Mkhwanazi. Herr Mkhwanazi ist seit zwei Jahren Pastor in Bremerhaven-Wulsdorf und war, bevor er hierher kam, Gemeindepfarrer in Umbonambi, Südafrika. Umbonambi liegt im Zululand an der Ostküste der heutigen Republik Südafrika. Es ist ein kleines Dorf, 15 Kilometer von der Hafenstadt Richardsbay entfernt. Richardsbay, eine Stadt für Weiße, wird seit einigen Jahren großzügig ausgebaut, ist ein wichtiger Umschlagplatz geworden und zieht eine Reihe von Industrien an, die vor allem mit der Hafenwirtschaft zu tun haben. Täglich strömen heute Hunderte von schwarzen Arbeitern in die Stadt, um dort Geld zu verdienen. Viele von ihnen kommen aus Umbonambi.

Umbonambi war in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein kleines Bauerndorf. Die Menschen bestellten das Land nur für den eigenen Lebensbedarf, lebten in Großfamilien zusammen und wohnten in einem Kral, zu dem mehrere Häuser gehörten.

Der Älteste der Sippe wurde als der Stammesvater anerkannt, und er bestimmte über die Familienangehörigen. Die Ehefrauen wurden gekauft, 11 Rinder waren ungefähr der Preis, der bei einer Hochzeit entrichtet werden mußte. Vom Reichtum und vom Vermögen des Mannes hing es ab, wieviele Frauen er hatte. - Die Menschen lebten nicht im Überfluß, aber sie hatten ihr Auskommen. So sah Umbonambi aus, als die ersten Missionare dorthin kamen. Verschiedene Missionsgesellschaften aus Deutschland, Schweden, Norwegen und den USA schickten Missionare nach Südafrika und christianisierten auch große Teile des Zulustammes. Die früheren Naturreligionen gab man auf und mit ihnen auch die Polygamie. Allerdings zahlt auch heute noch der künftige Ehemann dem Brautvater einen kleinen Betrag - als symbolische Geste und als Fortführung der alten Tradition.

Die Missionare bauten in Umbonambi eine kleine Kirche, und bald zählte ein großer Teil der ansässigen Bevölkerung zur lutherischen Kirche. Allerdings war ihre Gemeinde nicht an einem Ort konzentriert, sondern sie verteilte sich auf ein weites Gebiet, das ungefähr die Größe eines hiesigen Kirchenkreises hat. Die Betreuung aller Gemeindeglieder war schwer. Missionare lehrten die Bevölkerung intensivere und vielseitigere Bodenbearbeitung; denn die Missionare aus Übersee waren für beides zuständig, für die Glaubensverbreitung und für entwicklungsfördernde Hilfe. So bildete sich mit der Zeit eine kleine gläubige Gemeinde, in der der Einzelne Halt und Sicherheit fand. Das ist auch bis heute so geblieben, wenngleich sich die Welt um Umbonambi geändert hat.

Seit 1961 ist Südafrika ein selbständiger Staat, das Zululand gehört zur Republik Südafrika. In Südafrika wird die Politik bestimmt von der totalen Trennung der Weißen von den Schwarzen, und auf Grund dieser gesetzlich geregelten Apartheid kommt es zur Errichtung eigener Gebiete für die schwarze Bevölkerung, den Reservaten oder den Homelands. Diese Rassentrennungs- oder Apartheitspolitik hat neben den Reservaten auch eigene Städte für die Schwarzen entstehen lassen, die in der Nähe der Städte der Weißen liegen, die sogenannten townships . Die bei uns wohl bekannteste township ist Soweto bei Johannisburg. Hier in Soweto haben 1977 die schwarzen Schüler und Studenten begonnen, sich gegen die Rassentrennung und die damit verbundene soziale Ungerechtigkeit aufzulehnen. Denn die Unterschiede im Verdienst für gleiche Arbeit bei den Weißen und den Schwarzen sind im Zusammenhang mit der Apartheit zu sehen.
Natürlich gelten auch in Umbonambi, woher Herr Mkhwanazi kommt, die Gesetze der Rassentrennung; es liegt in einem Reservat, in dem nur Schwarze leben. - Das Ackerland reicht längst nicht mehr zur Ernährung der Bevölkerung aus, und das nahe gelegene Richardsbay lockt mit seinen Verdienstmöglichkeiten. Viele Arbeiter und Hilfsarbeiter aus der Gemeinde von Herrn Pastor Mkhwanazi arbeiten in den Fabriken der Stadt. Der Tagesablauf eines schwarzen Arbeiters ist sehr viel mühsamer und anstrengender als bei uns. Um 4 Uhr morgens kommt ein Bus, der alle abholt; die Arbeit beginnt aber erst um 7 Uhr.
Die Arbeitszeit beträgt auch acht Stunden, doch erst um 18 oder 19 Uhr werden die Arbeiter wieder mit dem Bus zurückgebracht. In Richardsbay gibt es noch keine Restaurants für die Schwarzen. Doch ist es seit kurzem möglich, daß ein Wirt die Konzession zum Führen eines Lokales für beide Rassen beantragen kann. Bisher hat das aber noch keiner getan. - Neben den Arbeiten leben in der Gemeinde von Herrn Mkhwanazi noch Lehrer und Krankenpfleger. Die soziologische Gliederung ist also nicht sehr weit.

Das Reservat, in dem Umbonambi liegt, wird von einem Häuptling geleitet und verwaltet. Er ist - wie jeder andere Häuptling - von der Zentralregierung in Pretoria als Staatsbeamter eingesetzt und erhält damit auch Sonderrechte. Die Zentralregierung macht bei der Vergabe der Privilegien Unterschiede, um so gemeinschaftliche Aktionen der Stämme zu verhindern. Auf diese Weise werden die zum Teil uralten Feindschaften zwischen verschiedenen Stämmen weiter gefestigt.

Zu der Gemeinde von Herrn Mkhwanazi gehören außer der einen Kirche in Umbonambi noch weitere sieben Kapellen, in denen er im Monat jeweils zwei Gottesdienste hält, während die gottesdienstliche Versorgung in der übrigen Zeit von Gebetsfrauen und -männern übernommen wird. Diese Mitarbeiter sind eine wesentliche Hilfe für die pfarramtliche Tätigkeit. Denn neben den sonntäglichen Predigten haben sie die diakonische Arbeit in der Gemeinde zu tragen: Sie helfen alleinstehenden und kranken Gemeindegliedern, machen für sie Besorgungen, kochen und erledigen den Haushalt. Außerdem versehen sie die Tätigkeit eines Küsters oder Hausmeisters und sind Anlaufstelle und Vertrauensperson in der Gemeinde und sind damit unentbehrlich für die Arbeit ihres Pastors. (Ein Bild zeigt uns die Gebetsfrauen vor der Kirche.)

Kirchengemeinde in Umbonambi 1

Die Gebetsfrauen sind Laien, sie treffen sich einmal wöchentlich, um miteinander zu arbeiten, sich auf den Dienst in der Gemeinde zuzurüsten und um zu beten. Erst nach 3-4jähriger Vorbereitung wird man in den Kreis der Gebetsfrauen aufgenommen, und man darf erst dann das in Südafrika typische schwarze Kleid der Gebetsfrauen tragen.

Die finanzielle Situation in den Gemeinden Südafrikas ist bei weitem nicht vergleichbar mit der wirtschaftlichen Lage unserer Gemeinden. Im südlichen Afrika gibt es weder Kirchensteuern noch sonstige Einnahmen, sondern die kirchliche Arbeit wird getragen von den freiwilligen Spenden und Opfern der Gemeindeglieder. Die etwa 1000 Christen der Gemeinde von Herr Mkhwanazi - gezählt werden hierbei nur die aktiven, nicht wie bei uns die getauften Gemeindeglieder - zahlen jährlich umgerechnet ca. DM 5, - , was im Verhälltnis zu ihrem Verdienst gesehen werden muß, da der Durchschnittsverdienst eines schwarzen Arbeiters höchstens bei DM 200, - liegt. Außerdem gibt es viele Arbeitslose. Auch alle anderen Arbeitsmittel werden von den Spenden der einzelnen Gemeindeglieder aufgetragen.

Doch auf der anderen Seite ist das Gemeindeleben auch längst nicht so kompliziert wie bei uns. Die kirchliche Verwaltung ist wenig verbreitet. Die Gemeinde muß sehr selbständig arbeiten.

Man ist gerne mit den anderen zusammen; auch über einen längeren Zeitraum. So werden öfter Versammlungen in den Gemeinden abgehalten, die über 2-3 Tage dauern. Dorthin kommen dann die Familien geschlossen. Für die Verpflegung sorgt die gastgebende Gemeinde, und Schlafplätze werden entweder von den Gastgebern angeboten, oder aber der Kirchraum wird dazu genutzt. Diese Versammlungen sind thematisch gegliedert, und neben den christlichen Themenbereichen werden auch solche des täglichen Lebens mit aufgenommen. Die Kirche ist so ein wichtiger Kommunikationsort, sie ist Vermittlerin des Glaubens und der Lebenshilfe, und sie gibt den Gemeindegliedern das Gefühl fast familiärer Zusammengehörigkeit.

Kirchengemeinde in Umbonambi 2

Auf Grund der beschriebenen finanziellen Situation ist die südafrikanische lutherische Kirche der Schwarzen in hohem Maße abhängig von den Kirchen in Europa und Amerika. Unsere hannoversche lutherische Landeskirche hat z. B. partnerschaftliche Verpflichtungen übernommen für die ELKSA, die evangelische-lutherische (schwarze) Kirche in Südafrika. Leider haben die staatlichen Gesetze der Apartheid nicht vor den Kirchen haltgemacht. So gibt es kaum Berührungspunkte zwischen den schwarzen und den weißen lutherischen Kirchengemeinden. Nur zu besonderen Anlässen und hohen kirchlichen Feiertagen predigt mal ein weißer Pastor in einer schwarzen Gemeinde und umgekehrt. Es ist gerade für die Schwarzen unmöglich, von sich aus die Apartheitspolitik zu überwinden oder gar sie zu verändern. Selbst bis hinein in die kirchlichen Krankenhäuser gelten die Gesetze der totalen Trennung.

Die politische Situation in der Republik Südafrika bestimmt das Leben von Umbonambi. Die Gemeinde hat einen sehr engen Zusammenhalt, aus der heraus man schwere und freudige Situationen bestehen kann. Von der Kirche erwarten und erhalten die Gemeindeglieder religiösen Zuspruch und christliche Gemeinschaft.